EINAls Jurastudent reiste Robert Schumann 1830 von Heidelberg nach Frankfurt, um sich eine der perfekt inszenierten Aufführungen des italienischen Geigenvirtuosen Niccolò Paganini anzuhören. Sein Spiel und die Faszination des Publikums dürften dazu beigetragen haben, dass sich Schumann noch im selben Jahr ganz der Musik zuwandte, auch wenn ihm seine eigene virtuose Karriere als Pianist nach einer Handverletzung durch exzessives Üben bald unmöglich wurde. Dies trug sicher zu seiner ästhetischen Abkehr von der Virtuosität als Selbstzweck bei, die Paganinis halbes Dutzend seiner eigenen Konzerte für Violine und Orchester charakterisiert. Der amerikanische Geiger Joshua Bell und die von ihm seit 2011 geleitete Academy of St Martin in the Fields haben nun das Erste Violinkonzert in D-Dur op. 6, in der Alten Oper. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Die stark an Rossini erinnernde Art und Weise, wie Bell den Geigenbogen in der Orchestereinleitung der Musik dirigierte, zeigte auch ein wenig die Selbstironie des Solisten, der hier unbestritten im Rampenlicht steht.
Bell nahm Paganinis wahnsinnige technische Herausforderungen sehr ernst, die vermeintlich nicht greifbaren Läufe, die Pizzicati mit der linken Hand oder die im Schlusssatz in Doppelgriffen servierten Flageoletts. Noch erstaunlicher war, wie leicht und flexibel er das alles entfaltete. Seine halsbrecherische Solokadenz im ersten Satz verteidigte er sogar hochkonzentriert gegen ein Handy, das immer wieder und laut vom Boden dröhnte – nervig! Nicht minder bewundernswert war Bells bedingter Auftritt, nachdem er zuvor Bachs Chaconne aus der zweiten Partita für Violine solo d-Moll BWV 1004 gespielt hatte, ganz auf den Kontrast von Drang und Pause ausgerichtet und hier subtil unterstützt von James Stephensons orchestraler Version des Klavierparts, die Schumann 1853 als eines seiner letzten Werke hinzufügte. In Schumanns Sinfonie Nr. 2 C-Dur Op. 61 fehlte es der schlanken Besetzung an romantischer Klangfülle. Im Schlusssatz meinte man den verhinderten Virtuosen Schumann zu hören.