
Style-Vorbild Sylvie Grateau stiehlt der Hauptfigur die Show: mit Lässigkeit, Authentizität und sehr guten Outfits. (Bild: Netflix)
«Emily in Paris»
Auch die dritte Staffel der Netflix-Serie „Emily in Paris“ hat hohe Einschaltquoten. Der Modestil der Cheffigur Sylvie Grateau, gespielt von Philippine Leroy-Beaulieu, wird in den sozialen Netzwerken immer noch heiß diskutiert.
Die Mode mag total übertrieben sein, die Handlung seicht und vorhersehbar, die Klischees über eine Amerikanerin in Paris sind manchmal etwas schwer zu ertragen. Aber anscheinend lieben es die Zuschauer «Emily in Paris» ihre gescheiterten Mode-Eskapaden zu verachten und zu schimpfen. Ein Phänomen namens „Hate-Watching“, das die Netflix-Serie seit einigen Wochen in den Top 10 rankt.
Was die Leute auch auf dem Bildschirm hält, sind starke Nebenrollen, die zu Fanlieblingen werden. Die Rede ist insbesondere von Sylvie Grateau. Emilys glamouröser und arroganter Marketingchef ist der unbesungene Star der Show. Alleine dafür lohnt sich das Einschalten.
Fashion-Star der Show: Sylvie Grateau
Sylvie Grateau verkörpert die typische Französin, der der gute Stil in die Wiege gelegt wurde. Die Tatsache, dass sie eine Frau Ende 50 ist, macht ihre Figur noch sensationeller. Nun, was ist ihr Geheimnis? Sie hat dieses sagenumwobene „Je ne sais quoi“, nach dem Frauen auf der ganzen Welt streben und in Ratgebern wie „How to be Parisian anywhere you are“ suchen. Auf die rhetorische Frage „Was wären wir ohne Genuss?“ antwortet Sylvie Grateau trocken: „Deutsche?“
Sie liebt ihren Job, aber das Leben noch mehr. Als Pariserin ist es selbstverständlich, dass sie in der Mittagspause raucht und Weißwein trinkt. Ihre Leichtigkeit versucht sie auch an die Workaholic Emily weiterzugeben mit Weisheiten wie: „In Frankreich ist es illegal, am Wochenende zu arbeiten.“

Emily Grateau mit ihrem Team. (Bild: Netflix)
Sylvies Haut zeigt sichtbare Falten, ihre Stimme ist tief, aber feminin, ihre bevorzugte Farbpalette ist dezent. Eigentlich sollte sie in der Show neben den lauten, überdrehten Mittzwanzigern untergehen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Sylvie nimmt Raum ein und stiehlt der Hauptfigur mit Lässigkeit, Authentizität und fabelhaften Outfits die Show. Modeexperten sind sich einig, dass sie die am besten gekleidete Figur der Serie ist. Nicht Emily.
Pariser Chic
Neben Sylvie im schwarzen Rick-Owens-Kleid wirkt die Hauptfigur Emily viel auffälliger, aufgesetzter … amerikanischer. Sylvie Grateau beherrscht den mühelosen Pariser Chic und schwebt auf schwindelerregend hohen Stilettos durch das Büro der Marketingagentur «Savoir». Sie ist sexy, einschüchternd, selbstbewusst und mag keine unsichtbare Mode über 50.
Sylvie Grateau wählt fließende Blusen mit tiefem Dekolleté, enge Bleistiftröcke mit Schlitz, scharf geschnittene Etuikleider und viel Schwarz als „Arbeitskleidung“. Ihre bevorzugten Labels sind Schiaparelli, Victoria Beckham, Roland Mouret, Vivienne Westwood und Helmut Lang. „Overdressed“ steht ihr genau richtig, und als Betrachter stellt man gar nicht in Frage, ob goldene Lurex-Tops überhaupt bürotauglich sind.

Büromode? Ja. (Bild: Netflix)
Der Stil der Figur soll angeblich von Carine Roitfeld inspiriert sein, ehemalige Redakteurin der französischen Vogue und berühmt für ihre sinnlichen Femme-Fatale-Looks – selbst in ihren 50ern. Ein großer Showstopper-Moment aus Staffel 2 ist, als Sylvie in Saint-Tropez im Bond-Girl-Stil in einem schwarzen Bikini aus dem Meer auftaucht und so umwerfend aussieht, dass sogar Emily Cooper sprachlos war. Sylvie Grateau will sich der Welt zeigen und die Öffentlichkeit will ihr zuschauen.

Aufnahme aus der 2. Staffel von «Emily in Paris». (Bild: Netflix)
„Sylvie in Paris“ als nächstes?
Eingefleischte Fans fragen sogar nach einem eigenen Spin-off mit dem Titel „Sylvie in Paris“. Das passt in eine Zeit, in der Hollywood-Frauen in ihren 40ern von der großen Leinwand verschwinden, und für die Beauty- und Modebranche immer interessanter werden: Laut einer Studie sind 30 Prozent der weiblichen Hauptdarstellerinnen 40 Jahre alt, und nur 8 Prozent sind über 60 Jahre alt. Zum Vergleich: 53 Prozent der Hauptrollen werden von 40-jährigen Männern gespielt, rund 12 Prozent sind 60 Jahre oder älter.
Aber zum Glück gibt es Ausnahmen. Die Rolle der Sylvie Grateau hatte Serienmacher Darren Starr (u.a. «Sex and the City») ursprünglich für eine jüngere Frau zwischen 35 und 40 Jahren geschrieben. Doch am Ende ergatterte sie die französische Schauspielerin Philippine Leroy-Beaulieu. die dieses Jahr ihren 60. Geburtstag feiert.

Sylvie in einem Kleid von Vivienne Westwood. (Bild: Netflix)
Philippine Leroy-Beaulieus Durchbruch
Sie hat Leinwandpräsenz und Stil im Blut. Ihr Vater ist der französische Schauspieler Philippe Leroy, der in über 150 Filmen mitspielte. Ihre Mutter Françoise Laurent war Schmuck- und Accessoire-Designerin für Dior und eine große Inspirationsquelle für die Figur Sylvie. Einige Stücke aus der Serie, wie die goldene Engelsbrosche, sind sogar Kreationen ihrer Mutter. Philippine Leroy-Beaulieu spielte in mehreren bekannten französischen Filmen (“Drei Männer und ein Baby”) und internationalen Serien wie “Call my Agent!” mit, ihren weltweiten Durchbruch feierte sie aber – trotz Hollywood – erst Ende 50 als Sylvie Grateau.
Eine facettenreiche Rolle, von der Emily, aber auch das Publikum lernen kann. Sie hat den Mut, Hals über Kopf eine eigene Marketingagentur aufzubauen – ohne Namen, ohne Büro, ohne Plan. Unterwegs verdreht sie in Reihen von Männern jeden Alters den Kopf … und bleibt sich am Ende treu. Sie ist eine Femme Fatale mit Herz. Eine zeitlose Heldin.
Die dritte Staffel von „Emily in Paris“ ist auf Netflix zu sehen. Eine Fortsetzung ist bereits in Planung.