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„Die Nachbarn von oben“ ist der neue Spielfilm von Regisseurin Sabine Boss („Dr. Goalie bin ig“): Eine tragische Komödie über Beziehungen, Sex und unerfüllte Erwartungen.
Joschka SchaffnerJournalistikstudentin bei Ringier
«Die Nachbarn von oben» bringt vier der derzeit beliebtesten Schweizer Schauspielerinnen und Schauspieler zusammen: Sarah Spale (41), Ursina Lardi (51), Max Simonischek (40) und Roeland Wiesnekker (55) treffen sich zu einem tragikomischen Schlagabtausch Schläge über Beziehungen, Sex und die unerfüllten Erwartungen. Blick traf Regisseurin Sabine Boss (57) und Hauptdarstellerin Sarah Spale im Zürcher Volkshaus zum Interview.
Blick: Das Drehbuch zu „Die Nachbarn von oben“ basiert auf dem spanischen Kinohit „Sentimental“. Warum ein Remake eines nur zwei Jahre alten Films?
Sabine Boss: Wir dachten, dass dies eine Geschichte ist, die universell und sprachübergreifend erzählt werden kann. Die Geschichte wurde bereits in anderen Ländern, wie Italien, neu verfilmt. Aber wir wollten kein Remake machen, sondern etwas Eigenes daraus machen. Das war auch der Grund, warum ich an Bord gekommen bin. Wir haben den Stoff weiterentwickelt, Szenen hinzugefügt, die Charaktere verändert.
Was ist das übergeordnete Thema des Films?
Chef: Wir haben immer die Chance im Leben zu überlegen, ob wir in einer Beziehung bleiben wollen. Schließlich hält das Leben immer eine Tür offen, egal in welchem Alter – auch nach 50.
Sarah Spale, was hat Sie dazu bewogen, mitzumachen?
Ich werde schlafen: Die Chance, mit Sabine Boss zu arbeiten, war ein großer Teil. Es ist einfach eine spannende Geschichte. Kommunikation ist das große Thema des Films. Wie kommuniziere ich, was ich will? Wo hoffe ich, dass der andere es einfach spürt? Es sind Gesprächsthemen, die mehrere Abende füllen könnten.
Hast du das spanische Original gesehen?
Ich werde schlafen: Ich bin vorbeigekommen, um die Atmosphäre aufzusaugen – bin dann aber sehr schnell wieder ausgestiegen.
Chef: Natürlich habe ich es mir selbst angeschaut. Wir haben es dann jedem selbst überlassen, ob er das auch wollte. Die meisten Leute schalteten nach spätestens zehn Minuten ab. Ein Remake kann nicht nur eine Kopie sein. Aber ich kann die Emotionen, die die Geschichte hervorruft, reproduzieren, vorantreiben und umgestalten.
Sabine Chef
Sabine Boss aus dem Aargau gilt als eine der erfolgreichsten Schweizer Filmemacherinnen. Ihren ersten Kinoerfolg feierte sie 2002 mit der Komödie „Notfall in Havanna“. 2014 gewann sie den Schweizer Filmpreis für den besten Spielfilm und für das Drehbuch zur Adaption des Romans «Der Goalie bin ig» von Pedro Lenz. Zudem führte sie Regie bei der SRF-Erfolgsserie «Neumatt».
Sabine Boss aus dem Aargau gilt als eine der erfolgreichsten Schweizer Filmemacherinnen. Ihren ersten Kinoerfolg feierte sie 2002 mit der Komödie „Notfall in Havanna“. 2014 gewann sie den Schweizer Filmpreis für den besten Spielfilm und für das Drehbuch zur Adaption des Romans «Der Goalie bin ig» von Pedro Lenz. Zudem führte sie Regie bei der SRF-Erfolgsserie «Neumatt».
Hilft es dem Film, dass Schweizerdeutsch eine so unerotische Sprache ist?
Chef: Darüber habe ich nie nachgedacht. Es ist einfach unsere Sprache. Der Film würde natürlich auch in Hochdeutsch funktionieren.
Schweizerdeutsch hilft, die unangenehme Atmosphäre zu durchbrechen…
Chef: … die peinliche …
… ja genau. Schweizerdeutsch bringt dies perfekt zur Geltung.
Chef: Es könnte wirklich sein. Aber auch vom spanischen Original haben wir uns weit entfernt. Ich rede gar nicht mehr gern darüber. Vor allem in der Tonalität und den Figuren haben wir so viel verändert. Sie sind so viel wärmer und existentiell bedrohter in ihrer Glaubwürdigkeit und Selbstdefinition. In unserer Version macht das letztlich den Witz.
Der Film lebt allein von der Begegnung der vier Hauptfiguren. War das Casting von Anfang an festgelegt?
Chef: Es ist die Besetzung der Wahl. Es ist sowieso Sarah, aber alle anderen auch. Es ist ein filigranes Kammerspiel, bei dem die Schauspielerei das zentrale Element ist. Toll, dass vier so tolle Schauspielerinnen und Schauspieler zugestimmt haben. Es war eine große Ehre für mich.
Ich werde schlafen: Ebenso (lacht).
Funktioniert das, wenn vier etablierte Figuren des Schweizer Dramas aufeinanderprallen?
Ich werde schlafen: Ich bin jemand, der sich selbst viel Druck macht. Ich zähle mich nicht zu den erfahrenen Schauspielerinnen. Ich kämpfe damit. Das ist gut und schön für mich.
Du warst also während des Shootings immer gut gelaunt?
Ich werde schlafen: Nur weil wir in einer Komödie sind, heißt das nicht, dass alles lustig sein muss. Du kommst nicht lässig zur Probe, du willst immer dein Bestes geben. Es ist Knochenarbeit.
Chef: Ich kann Sarah nur hinzufügen: Eine Komödie hat so viel mit Rhythmus zu tun. Mit genau vereinbartem Timing. Wann schaut wer wo wann? Im Vorfeld wird viel geprobt – Knochenarbeit. Inzwischen konnte ich hinter dem Monitor natürlich immer kichern, ich habe nur das Ergebnis gesehen. Aber für die Besetzung – immer im selben Raum, ohne Tageslicht – ist es anstrengend.
Ich werde schlafen: Wir mussten auch immer aufpassen, uns nicht über die Charaktere lustig zu machen. Damit es lustig ist, muss es ernst genommen werden. So möchte der Betrachter die Figuren erhalten.
Sarah Spale
Sarah Spale aus Basel erhielt mit 23 Jahren ihre erste Nominierung für den Schweizer Filmpreis. Spätestens seit 2013 und ihrer Rolle in der internationalen Verfilmung des Romans «Nachtzug nach Lissabon» ist sie eine feste Größe. 2021 erhielt sie für ihre Rolle als drogenabhängige Mutter im Spielfilm «Platzspitzbaby» den Schweizer Filmpreis als beste Hauptdarstellerin.
Sarah Spale aus Basel erhielt mit 23 Jahren ihre erste Nominierung für den Schweizer Filmpreis. Spätestens seit 2013 und ihrer Rolle in der internationalen Verfilmung des Romans «Nachtzug nach Lissabon» ist sie eine feste Größe. 2021 erhielt sie für ihre Rolle als drogenabhängige Mutter im Spielfilm «Platzspitzbaby» den Schweizer Filmpreis als beste Hauptdarstellerin.
Der Film spielt fast ausschließlich an einem Ort. Hat die für den Film gebaute Wohnung ein Vorbild?
Chef: Nein, wir haben sie nach unseren Bedürfnissen selbst entworfen. Als man sich die Wohnung im Original ansah, merkte man schnell, dass zu viele Türen darin waren. Wir mussten sie so gestalten, dass sie die Perspektive und Tiefe haben, um nicht direkt an den Wänden zu kleben. Das war eine mehrmonatige Konzeptionsarbeit.
Auf halbem Weg wendet sich der Film in Richtung Tragödie – wie schwierig war es, von lustig zu dramatisch zu wechseln?
Chef: Da wir alles im Studio gedreht haben, konnten wir es uns leisten, chronologisch vorzugehen. Das half ungemein für den emotionalen Bogen.
Der Film bekommt einen klassischen Kinostart. Ist das noch aktuell?
Chef: Die Frage ist auch, ob ein 90-Minuten-Film noch zeitgemäß ist – zumindest im Vergleich zum Hype um Serien, in denen viel längere Geschichten erzählt werden können. Glücklicherweise gibt es solche Filme im Moment noch. Einen Film auf einer großen Leinwand und mit anderen Menschen zu sehen, ist immer noch ein Erlebnis. Wenn es danach auf einer Streaming-Plattform landet, ist es mir ehrlich gesagt egal. Ins Kino zu gehen ist für mich immer noch ein Vergnügen.
Ich werde schlafen: Das ist ein schönes Schlusswort.
Ab 2. Februar im Kino: Dies ist der Trailer zum Film „Die Nachbarn von oben“(01:39)
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