Das neue Jazzfestival “Sparks & Visions” in Regensburg – München

Auch ohne Hochschuljazz ist Regensburg eines der bayerischen Jazzzentren. Der ConBrio-Verlag mit der „Jazzzeitung“ und der „Neuen Musikzeitung“ hat hier seinen Sitz. Mit dem „Leeren Beutel“ gibt es einen der ältesten und bedeutendsten Jazzclubs. Und einige der vom 2011 verstorbenen Jazz-Impresario Richard Wiedamann gegründeten Institutionen sind nach wie vor wichtig, darunter das Bayerische Jazzinstitut und das „Bavarian Jazz Weekend“. Nun bekommt Regensburg auch ein Jazzfestival mit internationaler Dimension: Bei “Funken & Visionen” Vom 27. bis 29. Januar finden neun Konzerte auf der Bühne des wunderschönen klassischen Theaters in Regensburg statt. So ein “hervorragend gestaltetes neues Festival”. Aufnahme des Bayerischen Rundfunks befindet sich bereits.

Das ist einer anderen Playerin der Regensburger Szene zu verdanken, die nicht auf der Liste vieler steht: Anastasia Wolkenstein, die hier seit 2009 ihre Booking- und Management-Agentur betreibt. „Ich habe schon immer davon geträumt, ein Festival zu erreichen Leute, die nicht einmal wissen, dass sie eine Affinität zum Jazz haben, die es aber später bestimmt sein werden”, sagt sie. „Im Grunde als Fortsetzung der Bänder, die ich früher für meine Freunde mit den Dingen zusammengestellt habe, die mir gefallen. Das ist jetzt zufällig durch eine Tourismuskommission passiert, die überlegte, wie man Gurkenzeit beleben könnte. Und über das Außergewöhnliche, Großartige Zusammenarbeit mit dem Theater.”

Opa brachte ihr bei, Noten zu lesen

All das stand nicht von Anfang an im Lebenslauf des gebürtigen Magdeburgers, auch wenn Musik schon früh eine große Leidenschaft war. Ihre Großeltern spielten dabei eine Schlüsselrolle. Als kleines Mädchen verbrachte sie viel Zeit mit ihnen, weil ihre Eltern als Übersetzer und Ingenieure in der Ukraine arbeiteten. „Für meinen Großvater gehörte die Musik zur Herzensbildung, wie er immer sagte“, erinnert sich Wolkenstein. Von ihm lernte sie Notenlesen, gemeinsam errieten sie vor dem Radio Komponisten. Es war ganz auf klassische Musik ausgerichtet und ohne jeglichen Gedanken an eine professionelle Karriere. Nach dem Abitur – vor einigen Jahren war die Berliner Mauer gefallen – ging sie nach Passau, um Jura zu studieren (mit Ergänzungen Russisch, Englisch und Französisch, was ihr heute sehr hilft).

Während eines Austauschjahres in St. Petersburg lernte sie den Jazz kennen und lieben. „Ich hatte dort einen Freund, einen Australier, der dort klassisches Klavier studierte. Er brachte mir die alten Größen des Jazz wie Oscar Peterson, Michel Petrucciani und Ella näher“, berichtet sie. „Die waren faszinierend genug, aber richtig Feuer gefangen habe ich bei einem Album von Julia Hülsmann mit Rebekka Bakken. Ich habe die Platte gefressen.“ Inzwischen sei Hülsmann längst die wichtigste Künstlerin, die Wolkenstein mit ihrer Agentur vertrete, „das ist wirklich eine unglaubliche Geschichte.“

Nicht zuletzt, weil es einige Windungen und Wendungen brauchte, um dorthin zu gelangen. Wie diejenige ist sie am Ende ihres Jurastudiums durch das Staatsexamen gescheitert. “Ein klares Zeichen, ich habe schon während meines Studiums immer mehr mit den Musikstudenten rumgehangen als mit den Anwälten.” Auch ihr Ex-Mann Uli Zrenner, den sie damals heiratete und mit dem sie nach Regensburg zog, war Fotograf und Musiker, genauer gesagt Bassist. Als sie wirklich einen Job brauchte, erinnerte sie sich an ihre Leidenschaft und wurde von einem Konzertveranstalter für klassische Musik engagiert. Ein Werk, das sie bald ärgerte: „Ich liebe klassische Musik, aber diese Starrheit der Szene war schwer zu ertragen. Einmal spielte Gidon Kremer Schostakowitsch statt des angekündigten Mozart. Das war viel schöner, aber die Abonnenten flippten aus.“

Am selben Tag, an dem sie dort aufhörte, kam eine Anfrage, eine lokale Band zu leiten, Flüssiges Blauder eine Mischung aus Jazz und Pop spielte. „Ich habe es gepackt und sofort kontaktlos meine Agentur gegründet.“ Weil sie in ihre Arbeit vertieft ist und das Feuer für die Musik mehr denn je brennt, zählen mittlerweile elf Kunden zu ihrer Agenturliste, etablierte Künstler wie der Posaunist Nils Wogram oder der Luxemburger Vibraphonist Pascal Schumacher, aber auch aufstrebende Talente wie die Pianistin und Sängerin Clara Haberkamp oder die Saxophonistin Luise Volkmann.

Neues Festival: Anastasia-Wolkenstein lebt seit ihrem gescheiterten Jura-Studium ihre Leidenschaft für Musik aus

Anastasia-Wolkenstein lebt seit ihrem gescheiterten Jura-Studium ihre Leidenschaft für die Musik aus

(Foto: Peter Hundert)

Ihre Star-Künstlerin Julia Hülsmann darf das „Sparks & Visions“-Festival natürlich mit einer Premiere, dem neuen Projekt „Heaven steps to Seven“, einem Septett mit den Sängerinnen Lisa Bassenge, Aline Frazao und Mia Knop Jacobsen, eröffnen Modern Jazz, Folk Pop und Avantgarde treffen auf die poetischen Welten von Shakespeare, Federico García Lorca, Margaret Atwood und EE Cummings. Ansonsten ist natürlich nur ein weiterer ihrer Schüler im Programm vertreten, der Pianist Benjamin Lackner, der hier mit dem norwegischen Trompeter Mathias Eick, dem französischen Schlagzeuger Manu Katché und seinem Landsmann Jerôme Regard am Bass ein internationales All-Star-Quartett präsentiert .

„Ich bin rein nach meinen musikalischen Vorlieben gegangen, die so vielfältig sind, wie das Festival sein soll: Ich wollte Gesang haben, auch etwas wildes und rockiges, eine Balance zwischen instrumental und vokal, zwischen modernem Jazz und Weltmusik, zwischen lyrisch und spröde ; auch die Geige und ein besonderes Instrument – die dann zur Hammond-Orgel wurde – sollten vertreten sein.” Die albanische Sängerin Elina Duni war mit ihrem Londoner Projekt mit dem Gitarristen Rob Luft und der Perkussionistin Corrie Dick eingestellt: „Ich habe sie 2019 in Brüssel gesehen, und das war vielleicht das emotionalste Konzerterlebnis, das ich je hatte.“

Sie möchte das Festival zu einem jährlichen Fixpunkt machen

Im Gegensatz zur ECM-Künstlerin Duni stand auch die hierzulande noch weitgehend unbekannte finnische Saxophonistin Linda Fredriksson von Anfang an auf der Wunschliste. „Ich bin ihr auf Festivals gefolgt, um das deutlich zu machen“, berichtet Wolkenstein. So kam eins zum anderen, von der zunächst ungewollten Fokussierung auf Ungarn beim Trio Santa Taucher und die Sängerin Veronika Harcsa mit ihrem neuen Programm “Debussy Now!” über die New-London-Protagonisten Kamaal Williams und Kit Downes mit seinem Trio Feind zum passenden All-Star-Abschluss Ein Roman der Anomalie, das Quartett des Schweizer Gesangsakrobaten Andreas Schaerer.

Wolkenstein möchte das Festival zu einem jährlichen Fixpunkt machen. Was natürlich auch von den eingangs erwähnten lokalen Institutionen abhängt, die sich in der Vergangenheit nicht immer gut verstanden haben. Vielleicht setzen sich dank „Sparks & Visions“ die anderswo gemachten Erfahrungen durch: Je mehr in einer kulturellen Nische wie dem Jazz passiert, desto mehr profitieren alle Beteiligten davon.

Sparks & Visions, Freitag bis Sonntag, 27. bis 29. Januar, Theater Regensburg, sparks-and-visions.com