In der US-Neuverfilmung der schwedischen Tragikomödie über einen verbitterten Nachbarn sorgt Oscar-Preisträger Tom Hanks für große Gefühle und sagt: „Otto steckt in uns allen“
Text: Hendrik Thies / Interviews: Anke Hofmann
Feste Routinen, null Veränderung und um Himmels willen kein Smalltalk! Nach diesen Grundsätzen lebt der mürrische Otto (Tom Hanks), der nach dem Tod seiner Frau keinen Sinn mehr im Leben sieht und keine Freude mehr empfinden kann. Doch Ottos grauer Alltag wird auf den Kopf gestellt, als die schlagfertige Marisol (Mariana Treviño) mit ihren Kindern im Haus gegenüber einzieht…
Wenn Ihnen diese Handlung bekannt vorkommt, erinnern Sie sich vielleicht an „A Man Called Ove“. Die trockene und lakonische Tragikomödie aus dem Jahr 2015 ist bis heute einer der erfolgreichsten Filme aller Zeiten in Schweden und wurde sogar mit zwei Oscar-Nominierungen geehrt. Genau wie das aktuelle US-Remake „A Man Named Otto“ (ab 2. Februar in den Kinos) basiert es auf einem Bestseller-Roman von Fredrik Backmann aus dem Jahr 2012.
„Ottos Verbitterung ist ein Hilferuf der Solidarität“
Otto ist eine ungewöhnliche Rolle für Superstar Tom Hanks, der in seiner langen Karriere selten den Unsympathischen gespielt hat. Trotzdem fühlte sich der 66-Jährige von dem kratzigen Senior angesprochen. „Otto ist jemand, bei dem alles so funktionieren muss, wie es soll. Er versteht nicht, warum jemand nicht den Anweisungen des Pakets folgt oder sein Auto am Straßenrand parkt, wenn es keinen ausgewiesenen Parkplatz gibt“, sagte Hanks gegenüber TV DIGITAL. „Ich glaube, jeder von uns hat einen Charakterzug natürlich auch in mir. Wären wir nicht alle ein bisschen beruhigter, wenn sich immer alle an die Regeln halten würden?“
Ein Mann namens Otto – Offizieller Trailer
Doch Ottos vermeintlich heile Welt droht zu kippen, als plötzlich sein neuer Nachbar, ebenfalls Mexikaner, vor der Tür steht. „Er tut so, als wolle er allein sein. Seine Ablehnung anderer Menschen ist nur ein unbewusster Hilferuf nach Verbundenheit und menschlicher Nähe.
Die lebendige und manchmal etwas zu laute Nachbarschaft macht sein Leben wirklich bunter und reicher“, erklärt der zweifache Oscar-Preisträger. „Das ist es auch, was meine Frau Rita und ich am Originalfilm geliebt haben: das Miteinander in einer Gemeinschaft. Ohne viel Biegen oder Brechen lässt sich das wunderbar auf die USA übertragen, die ein Schmelztiegel der Kulturen sind und Menschen mit den unterschiedlichsten Migrationsbiografien friedlich Tür an Tür leben.“

© Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH
Otto (Tom Hanks) und Nachbarin Marisol (Mariana Treviño).
Hollywoods Mr. Nice Guy überzeugt als mürrischer Rentner mit weichem Kern
Für den deutsch-schweizerischen Regisseur Marc Forster (“World War Z”) war genau diese zutiefst menschliche und lebensbejahende Botschaft des Films wichtig. Und dass er „den nettesten Kerl Hollywoods“ für die Rolle eines Nörglers gewinnen konnte, macht ihn umso glücklicher. „Wenn Tom den Grumpy spielt, ist das immer noch viel charmanter als andere Schauspieler.“

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Regisseur Marc Forster (l.) mit seinem Hauptdarsteller
Für die vor allem in Mexiko bekannte Schauspielerin Mariana Treviño, die Ottos neue Nachbarin spielt, schloss sich mit den Dreharbeiten zu „A Man Named Otto“ ein schicksalhafter Kreis: „Ich kann mich noch genau erinnern, dass ich in einer kleinen Kinosäge gearbeitet habe seinen Film ‚Philadelphia‘ in meiner Heimatstadt Mexiko“, sagt Co-Star Treviño gegenüber TV DIGITAL. Hanks spielte darin einen HIV-positiven Homosexuellen und brach damit 1993 ein Tabu. „Ich war absolut hin und weg und wusste sofort, dass ich Zeuge von etwas Historischem wurde, das ich nie vergessen würde. Ohne es damals zu wissen, waren Tom und seine Filme definitiv einer der Gründe, warum ich mit der Schauspielerei angefangen habe.“
Vielleicht ist Tom Hanks jetzt auch ein Grund, warum Zuschauer ihre eigene Nachbarschaft mit anderen Augen sehen. Denn mit seinem sensiblen Spiel eines widerspenstigen Rentners, der sich langsam aus seiner selbst auferlegten Isolation erhebt, ist er definitiv der Höhepunkt von „A Man Named Otto“ – einem Film, der zutiefst berührt, ohne sentimental zu werden.
„A Man Named Otto“ kommt am 2. Februar in die Kinos.